Dienstag, 27. März 2012

Verzicht auf Gewalt oder der neue Ein-Weg-Pazifismus



Der neue Präsident Deutschlands, der „apolitische“ Pastor Joachim Gauck, schreibt in seinem neuen Buch „Freiheit“ den Satz "In konkreten Situationen kann Verzicht auf Gewalt auch bedeuten, der Gewalt von Unterdrückern und Aggressoren den Weg zu ebnen oder ihren Terror zu dulden." Er meint das umfassend in Hinblick auf das heutige Deutschland, in dem, in Bezug auf die islamistische Gefahr von links-antisemitischer Seite, sich eine Art Ein-Weg-Pazifismus, d.h. Einstecken ja, sich wehren aber nein, entwickelt hat. Diesen gibt es zwar in allen Ländern Europa und in Nordamerika, in denen aus grün-braunen und antisemitischen Kreisen (beide auch bekannt als Antizionisten oder Israelkritiker). Aber Gauck ist Präsident Deutschlands. Ihm geht es um Deutschland, doch seine Aussagen sind weltweit gültig. Ganz besonders auf Israel, angefeindet, angegriffen und verleugnet durch weltweit präsente Feinde. Nicht nur Palästinenser und Islamisten, sondern ebenso sehr durch deren Sympathisanten und Versteher ihrer totalitären und terroristischen Aktivitäten und deren Folgen.

Mir ist Gaucks Aussage aufgefallen, weil sie genau die Situation Israels trifft, von dem, völlig unabhängig davon, ob gerade der rechtslastige und sesselklebende Nethanyahu oder ein liberaler Rabin an der Macht ist, erwartet wird, in der sehr konkreten Situation einer ständigen Bedrohung durch sich als Befreiungskrieger ausgebende Mörderbanden und theokratisch reaktionäre Regimen wie Iran, sich pazifistisch gewaltlos zu verhalten. Sozusagen christlich die andere Wange hinzuhalten – obwohl auch die besten Christen das nicht tun. So wie Gauck schreibt, Aggressoren den Weg zu ebnen oder ihren Terror zu dulden. Mit anderen Worten: nationalen Selbstmord begehen.

Anfangs unfreiwillig, als Akt der Selbstverteidigung, kam Israel 1967 in den Besitz der damals jordanischen Westbank und dem ägyptischen Gaza. Beide, Jordanien und Ägypten weigerten sich, diese ehemaligen Teile ihres Staates zurück zu nehmen – aus uns inzwischen durchschlagend verständlichen Gründen. Heute findet sich Israel als freiwilliger Unterdrücker der 1977 von Yassir Arafat zu Palästinensern ernannten arabischen Bewohner dieses Gebiets wieder. Den sicherheitspolitischen Grund dazu akzeptiere ich – eine Alternative dazu gibt es im Moment nicht. Israels Erfahrungen nach dem Abzug aus Gaza ist Grund genug. Die absolute Sucht nach einem Grossisrael auf biblischer Grundlage und die davon abgeleiteten expansionistischen Ansprüche hingegen, lehne ich ab. Sie sind aus meiner Sicht unjüdisch.

Man kann den Palästinensern entgegenkommen, nett zu ihnen sein und ihnen beim Aufbau eines eigenen Staates helfen – dazu sind wir moralisch verpflichtet. Nur besteht leider das Problem, dass Entgegenkommen sowie politische und wirtschaftliche Grosszügigkeit bisher zu keinem Ziel geführt haben, denn, so ist mein Eindruck, Nettsein und Verzicht wird von unseren Partnern nur als Schwäche empfunden. Ich finde es müssig zum wiederholten Mal Israels Erfahrungen damit zu wiederholen, doch Frieden gegen Raketenbeschuss ist ein ausgesprochen schlechtes Geschäft. Heute bestehen Zweifel, ob die sogenannte Zweistaatenlösung von den Palästinensern überhaupt noch vertreten wird. Ihre Begeisterung dafür scheint zu fehlen. Bei der heutigen Regierung Israels teilweise offenbar auch. Nur wollen beide das nicht eingestehen. Denn die Alternativen dazu, die sogenannte Einstaatenlösung, entweder ein Apartheidstaat oder das Ende des Staates der Juden, sind nicht vertretbar.

Abschliessend zurück zu Gaucks Buch. Seinen Landsleuten wirft er vor, sie hätten eine abstossende Neigung zu Hysterie und übertriebenen Ängsten. Das sind, so denke ich, Eigenschaften, die vor allem dort zu finden sind, wo Hysterie und Angst so stark lähmen, dass der betroffene Staat und sein Volk, sich nicht aufraffen können die Gründe dafür wirklich zu bekämpfen. Das ist heute in Europa der Fall. Hysterie und Ängste bringen keine Lösungen, sondern nur noch mehr Hysterie und Ängste. Nur ein Staat, der sich nicht fürchtet, die Auslöser davon zu erkennen und überzeugend zu bekämpfen, kann diesen Zustand überkommen. Der Titel von Gaucks Buch ist „Freiheit“. Diese kann nur erhalten werden, wenn man eben Hysterie und Ängsten entgegentritt. Sonst bleibt man deren Gefangener.

„Wenn wir Freiheit gestalten wollen, gibt es nicht allzu viele Varianten. Ich jedenfalls kenne keine, die der westlichen Variante von Eigenverantwortung vorzuziehen wäre.“  Das sagt Joachim Gauck.

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