Sonntag, 31. Juli 2011

Gastbeitrag

Roger Guth ist einer meiner besten Freunde. Gar nicht immer ist er mit meiner Sicht der Dinge einverstanden, er hat seine eigene, die er gegen jeden Einspruch verteidigt. Ich habe ihm vorgeschlagen seinen Widerspruch gegen meinen Tagebucheintrag vom 19.7.2011 „Der Poll“ in Uris Tagebuch ohne jegliche Änderung zu veröffentlichen. Hier ist er:

Gallup-Gallop

Von Roger Guth, Kfar Saba

"Der Poll" stand über einem Artikel wegen einer weisen Umfrage zum Nahost-Konflikt, der dann aber bald Sorgen wegen schwarzer Religionstraditionen beschrieb. Das führte mich zur Biographie des Dr. George Gallup. Er war es doch, der vor mehr als 75 Jahren begann die systematische Erforschung der Volksmeinung populär zu machen. Heute folgt eine Umfrage der andern und so sagte ich mir: Warum soll ich nicht auch einmal das Prinzip der Meinungs-Erforschung anwenden, wenn auch nur in virtueller Art, allerdings basierend auf Schätzungen als Folge eigener Erfahrung? Wegen des relativ rasch verfügbaren Resultats könnte man dieses System vielleicht Gallup-Gallop nennen.
Also nehmen wir einmal an, das Verhalten von Menschen aus dem grünen, braunen oder schwarzen Sektor erzeuge manchen wesentlichen Widerspruch. Schreibgewandte Mitmenschen begannen daher in Zeitungen oder auch im Internet Artikel zu publizieren, die nicht nur Unmut und Sorge manifestierten, sondern auch wegen der Hoffnung entstanden, die Politiker mögen so zu Verbesserungen veranlasst werden. In der Tat führten die Zusammenfassungen von so viel Negativem auch zu mancher Diskussion am Stammtisch, innerhalb der Familie, in Pausen von Arbeit und Sport und sonst noch da und dort. Aber das war's dann.

Sicher ist, dass einerseits die Politiker von Drucksachen, Internet – Emails und anderen Informationen derart gewaltig überschwemmt werden, dass ihnen nur noch wenig Zeit dafür übrig bleibt, um Kommentare der Medien sorgfältig zu lesen. 

Anderseits sagten sich einige Bürger ab und zu, Kritik und Darstellung von Negativem sei wohl wichtig, aber nicht ausreichend für fortschrittliches Tun. Das führte zur Idee mit positivem Handeln den negativen Erscheinungen Einhalt zu bieten und ganz allgemein zu Verbesserungen zu sorgen. So gelangten manche eben mit positiven Vorschlägen für den Fortschritt direkt an Mitglieder der zuständigen Parlamente, an Minister oder Sachbearbeiter in Ministerien, manchmal auch an führende Angehörige von Parteien.
Hier folgen nun die Resultate der virtuellen Meinungserforschung zur Frage: Wie hoch ist der Anteil von erzeugten wesentlichen Verbesserungen durch Interventionen von Bürgern? Die von mir eingesetzten Werte lauten:

Für Variante A
a.- Sichtbar gewordene Verbesserungen, erzeugt durch Publizierung negativer Ereignisse
Erfolge 20 % - Blindgänger 80 % 

b.- Sichtbar gewordene Verbesserungen, durch positive persönliche Vorschläge an Politiker
Erfolge 45 % - Blindgänger 55 %

Für Variante B
a.- Sichtbar gewordene Verbesserungen, erzeugt durch Publizierung negativer Ereignisse
Erfolge 20 % - Blindgänger 80 %. 

b.- Sichtbar gewordene Verbesserungen, durch positive persönliche Vorschläge an Politiker,
vorgetragen unter Beizug einer Gruppe von gleichgesinnten Mitbürgern oder einer schon
bestehende Organisation für Verbesserungen, z. B. auf dem Gebiete der Demokratie,
dem Gesundheitswesen, sozialer Fürsorge, der Verkehrssicherheit, dem Unfallschutz,
Naturschutz oder Beizug einer Partei, etc.
Erfolge 65 % - Blindgänger 35 %.

Das sind doch klare und eindeutige Hinweise zum optimalen Einsatz von Energie im Felde der Politik. Ich aber frage: Was wäre denn, eine teure, genaue Volksbefragung ergäbe Abweichungen von meiner Schätzung von ein paar wenigen Prozenten? Diese auf Grund persönlicher Erfahrungen festgehaltenen Werte dürften doch ein nützlicher Hinweis auf meine Beteuerung sein, positives Handeln basierend auf kritischen Betrachtungen sei erfolgreicher als fast ununterbrochene Publizierungen negativer Ereignisse.
Zur echten Demokratie gehört, dass sozusagen jedermann hilft für Verbesserungen zu sorgen, also auch mit persönlichen Interventionen. Aber für optimale Ergebnisse sollten die Bürger die Probleme aus angemessener Distanz betrachten, möglichst alle beeinflussenden Kräfte berücksichtigen, vorausschauend denken und die weltweiten Problemen nicht zu übersehen oder zu verniedlichen.

Übrigens, in diesem Sinne las man soeben von Carl Miville, dem ehemaligen Basler Ständerat und Präsidenten der Basler Gesellschaft Schweiz-Israel, anlässlich seines 90. Geburtstages:

'Im Gespräch mit der Basler Zeitung beklagt Miville die aktuelle «Zeit der Polarisierung», in der die eigenen Interessen einfach durchgesetzt werden und mehr an die Wahlen als an die Lösung von Problemen gedacht werde. «Das gefällt mir nicht.» '

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