Samstag, 27. September 2008

Faschismus - bei denen und bei uns

26.9.2008

Auf den Tagebucheintrag vom 12.9.2008 zum Thema fehlender Empathie von Seiten ausländischer Kommentatoren und selbstzufriedenen Bürgern der westlichen Welt, schrieb mir der Journalist Ulrich Sahm: „Die Unfähigkeit der Palästinenser zur Selbstkritik wird sie weiter ins Unglück stürzen. Das macht mir mehr Sorge als die Lage Israels“.

Das liegt auf der Hand und ich habe zu diesem Thema auch schon geschrieben, wenn auch anders. Ich nenne das die Weigerung der Palästinenser und der arabischen Welt für sich Verantwortung zu übernehmen und stattdessen Israel, die USA und den gesamten Westen als Sündenböcke für eigene Unfähigkeiten zu anzuklagen. Ulrich Sahm phrasiert das schlicht eleganter. Die Fähigkeit zur Selbstkritik ist die Vorbedingung um Selbstverantwortung zu übernehmen.

Übrigens: ich habe in meinem Blog begonnen, neben Buchempfehlungen auch Links zu Websites und Blog aufzulisten. Ulrich Sahms Website ist auch dabei, man kann, neben politischem, auch übers Kochen schlau werden. Eine umfassende Rezeptsammlung hilft dabei.
Es gibt, im Moment wenigstens, sogar noch wichtigeres als kochen. Viel lesen wir über den „Islamofaschismus“, mit dem seit wenigen Jahren der Jihadismus und seine dem Hass und Terror auf Juden und andere Vertreter westlicher Lebensart frönenden Anhänger bezeichnet werden. Da sich dieser Beschäftigung nachgehende Muslime (und ihre westlichen Apologeten) sich durch Worte und Taten als Erben des Nationalsozialismus betrachten, hat diese Bezeichnung eine gewisse Logik. Es ist dieser Islamofaschismus, durch den sich das palästinensische Volk von der Erfüllung seines berechtigten Anliegens, einen eigenen palästinensischen Staat zu errichten, so weit entfernt hat, dass eben dieses Anliegen von seiner Legitimation verliert. Für den Rest der arabischen Welt, deren Schuld am Los der Palästinenser ungleich grösser ist als die Israels und der Palästinenser selbst, haben nicht einmal diese „Legitimität“ für ihren weltweiten Terror. Im Endeffekt ist dieser Zustand das Resultat von Ulrich Sahms Feststellung arabischer Unfähigkeit zur Selbstkritik.

Doch einen jüdischen „Faschismus“ gibt es auch. Man denke an den Mörder Itzhak Rabins, an Herrn Dr. Goldstein, der in Hebron neunundzwanzig betende Araber umbrachte, nur weil sie eben Araber waren, man denke an den Mord an Emil Grünzweig, Mitglied von Schalom Achshav, der an einer Demonstration vor vielen Jahren durch jüdische Rechtsextremisten ermordet worden war, man denke an die vielen palästinensischen Familien in der Westbank, die beim Olivenernten von jüdischen Siedlungsfanatikern angegriffen, verprügelt, verletzt und getötet worden sind, an die Morde an palästinensischen Arbeitern, an die Angriffe auf Polizei und Armee der sich vom Staat losgesagten Hügeljugend, die israelische Sicherheitskräfte als Feinde sehen und sich entsprechend benehmen und anderen Vorkommnissen dieser Art, die unserer Gesellschaft und dem jüdischen Staat keine Ehre machen. Das sind keine Taten einzelner durchgedrehter Juden, sondern dahinter stehen extremistische Rabbiner, Ideologen und Politiker, die mit ihren mittelalterlichen Ansichten und Bestrebungen mit dem humanistischen Zionismus der Gründerväter rein gar nichts mehr zu tun haben. Sie sind auf einen fahrenden Zug aufgesprungen und versuchen mit Gewalt seine Richtung zu ändern, den Rückwärtsgang einzulegen.

Im Gegensatz zur palästinensischen und arabischen Welt verurteilt die grosse Mehrheit der Israelis eigene faschistische Phänomene, tanzt nach Morden nicht in den Strassen und verteilt zur Feier keine Bonbons. Israel erhebt den Anspruch ethisch über der fanatisierten islamischen Welt zu stehen – der israelische Faschismus ist dem abträglich.

Zum Thema gehört eine Geschichte, die sich im Barzilai Spital in Ashkelon abspielt. Ich verfolgte eine Reportage darüber in den heutigen Fernsehnachrichten. Im Barzilai liegt seit einigen Monaten eine Frau nach einer Hirnblutung im Koma. Sie ist Mutter zweier Söhne und vor zwei Tagen wurde ihr dritter Sohn mittels Kaiserschnitt geboren. Diese Frau kommt aus Gaza, ist geborene Bulgarin und hatte einen Palästinenser aus Gaza geheiratet. Wie unendlich viele palästinensische Kranke wurde sie zur Pflege nach Israel gebracht. Ihr Zustand ist hoffnungslos, sie vegetiert, doch wird sie im Koma gehalten, um die Schwangerschaft zu Ende zu führen. Ihr Mann kommt täglich aus Gaza zu ihr, bringt manchmal die zwei grossen Söhne mit und hofft, dass ein Wunder geschieht und seine Frau erwacht. Gestern kam der Bruder der Patientin aus Bulgarien angereist, um seine Schwester zu sehen. Der Vater kann seinen neuen Sohn sehen – er liegt noch im Brutkasten – sein Händchen halten und sich freuen. Eine Freude, die von Trauer überschattet ist, denn er weiss, dass seine Frau kaum noch lange am Leben erhalten werden kann.

Solche Situationen gibt es auf der ganzen Welt. Doch Israel wird vorgeworfen Menschenrechte zu verletzen, Gaza auszuhungern und dessen Einwohnern das Überleben zu erschweren. Diese Lügenpropaganda, über die ich schon in meinem Tagebucheintrag vom 28.8.2008 geschrieben habe, könnte durch Berichte wie der vorliegende, entkräftet werden, doch habe ich von diesem Drama erst im Fernsehen erfahren – in der gedruckten Presse fand ich darüber nichts.

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