Sonntag, 25. Mai 2008

Kontext, Kontext und nochmals Kontext

22.5.2008

Ich bin in der Vergangenheit stets auch für jene Journalisten eingestanden, die offensichtliche Unwahrheiten durch die ausländische Presse verbreiteten. Lügen sind nicht immer nur schlichte Unwahrheiten, sondern die Weigerung Tatsachen in den richtigen Kontext zu setzen und Auslassungen von Fakten, die Vordergründiges ins Gegenteil seiner Aussage verdrehen kann. Mark Twain sagte dazu: „Sammle erst die Fakten, dann kannst du sie verdrehen, wie es dir passt“. Daran dachte ich, als ich heute mit dem inzwischen zum engen Freund gewordenen Hani Hasisi nach Haifa fuhr. Hani ist Druse, moderner Geschäftsmann und Mitglied der israelischen Arbeitspartei, in deren Zentralkomitee er sitzt. Durch und mit ihm lernte ich wiederholt bekannte Mitglieder dieser Partei kennen, sie besuchen ihn, er besucht sie und gelegentlich bin ich dabei.

Wir sprachen über Bethlehem, in der gestern die Palestine Investment Conference eröffnet wurde. Zu dieser Konferenz hat, so Hani Hasisi, die Palestinian Authority eingeladen, doch die Idee und Initiative dazu stammt von Shimon Peres und seinem Friedensinstitut. Peres hatte einige der ihm nahe stehenden Parteimitglieder vor langem informiert, doch offiziell gebührt der Kredit dem palästinensischen Ministerpräsidenten Salaam Fayad, einem der wenigen Pragmatiker der palästinensischen Politik. Es seien schon, so die Fernsehnachrichten, über Projekte finanziert von den arabischen Golfstaaten entschieden worden. Diese sollen 10'000 neue Arbeitsplätze in Palästina schaffen. Es nehmen auch Geschäftsleute aus arabischen Staaten teil, die keine diplomatischen Beziehungen zu Israel haben. Israel selbst ist natürlich sehr an der wirtschaftlichen Entwicklung der Palästinenser interessiert, denn eine solche würde, so hofft man, palästinensischem Extremismus und Terror entgegenwirken. Das palästinensische Volk müsse sich, so Hani, auf ihr überragendes Talent für Handel und Industrie besinnen, das ihnen von fanatischen Jihadisten und Nationalisten seit Jahrzehnten vorenthalten wird.

Im Gespräch über Bethlehem erinnerte ich mich an den Artikel in der Basler Zeitung zu dieser Konferenz, in der diese relativ kurz erwähnt und im Titel verbraten wird. Doch der Artikel ist ein Musterbeispiel antiisraelischer Stimmungsmache, in dem der Kontext der Aussage völlig unterschlagen wird. Darüber sprach ich mit Hani. Der leider viel zu früh verstorbene christliche Bürgermeister Bethlehems, Elias Freij (25 Jahre Oberhaupt dieser Stadt), wusste genau was er tat, als er schon 1982 die Anerkennung Israels durch die PLO vorschlug und, nach Arafats Machtübernahme, die israelische Regierung ersuchte, Bethlehem zu Jerusalem einzugemeinden. Er fürchtete sich schon dann vor der Muslimisierung seiner Stadt, in der seit jeher über 80% Christen mit 20% Muslimen lebten. Er sollte Recht behalten – heute ist der Anteil der Christen in Bethlehem auf 20% gesunken, Tendenz weiter sinkend. Zwar ist, sogar mit den Stimmen der Hamas, noch immer ein christlicher Bürgermeister im Amt – gegenüber der Welt ist Bethlehem eines der wichtigsten Zentren des Christentums – doch die wirkliche Macht üben die Moslems aus, die Unterdrückung der Christen dort und im Rest der besetzten Gebiete schreitet weiter. In Hamas Gaza werden Christen offen terrorisiert, verfolgt und ermordet. In BAZ Artikel wird auch über die „Mauer“ geklagt, die Bethlehem von Jerusalem trennt, eine Situation, die ohne weiteres auch als Schutz Jerusalems gegen Terrorattacken von, gemäss BAZ, „militanten“ Terroristen gegen die Bevölkerung verübt wurden, betrachtet werden darf. Die BAZ benutzt die Gelegenheit der oben erwähnten Konferenz zum wiederholtem „Israel Bashing“, ohne sich im Detail mit dem Inhalt und Resultaten dieser wichtigen Konferenz zu befassen. Denn, so ist mein Eindruck, palästinensische Wirtschaft und Entwicklung wird völlig uninteressant, wenn man stattdessen über das böse Israel schreiben kann. Kontext, Kontext und nochmals Kontext – sonst kann Information zur Lüge werden.




Keine Kommentare: